Bin ich tot? Ist J.K Rowling tot? Oder Suzanne Collins? Was ist mit Umberto Eco?
Sind wir alle gestorben, weil wir Autoren von Texten sind? Haben wir uns, während wir unsere Gedanken und Geschichten in der Schrift verfestigt haben, aufgelöst? Ist unsere Identität mit der Schrift verschwunden und hat unser geschriebener Text uns ... umgebracht?
Bitte nicht!
Diese Woche hatte ich die Aufgabe zwei Texte zu lesen, die eine sehr komplizierte und abstrakte Theorie verfolgten. Nämlich die vom Tod des Autors. Natürlich nicht in der naiven Sichtweise in der man diesen Ansatz als erstes verstehen könnte. Ich bin wohl auf und auch die anderen genannten Personen sollten gesund aber vor allem lebendig sein. Es geht eher um den Autor allgemein und die Rolle, die er für seinen Text spielt oder es eben auch nicht tut.
Die Verfasser der beiden Texte, Roland Barthes und Michel Foucault, vertreten den Standpunkt, dass der Autor irrelevant für einen Text sei, der Text (bzw. die Schrift) eine selbständige Instanz sei und der Bezug eines Text auf den Autor nur beschränkend sei für das Verstehen und Interpretieren eines Textes. Obwohl auch der Text nur eine Aneinanderreihung an Zitaten sein solle, so also nie irgendetwas wirklich Neues sage. (Vgl. Barthes (2007[1968]), S.190). Zu dem wird auch noch von Michel Foucault der Autorenbegriff und weitere Begriffe wie "Werk" und "Schreiben" kritisiert. (Vgl. Foucault (2007[1969]), S.202 ff.)
Der Begriff des Autors ist sowohl für Michel Foucault als auch für Roland Barthes erst zur Zeiten der Aufklärung aufgekommen, als sich das Weltbild und die Fokussierung der Menschen immer mehr auf das Individuum konzentrierten. (Vgl. Fougart (2007[1969]), S.202 ;Vgl. Barthes (2007[1968]) S.186).
Für unsere jetzige Zeit werde der Begriff Autor immer unwichtiger und hinderlicher für das Verständnis eines Textes, da er eine einzig "wahre" und "richtige" Bedeutung eines Textes voraussetzt. Nämlich die Intention des Autors, sein Leben, seine Persönlichkeit, seine Erfahrungen. Man sucht den Autor in seinen Texten, obwohl er gar nicht existent sei.
"Die Schrift ist der unbestimmte, uneinheitliche, unfixierbare Ort, wohin unser Subjekt² entflieht, das Schwarzweiß, in dem sich jede Identität aufzulösen beginnt, angefangen mit derjenigen des schreibenden Körpers." (Barthes (2007[1968]), S.185).
Der Text ist ein Beweis der Abwesenheit. Diesen Gedanken finde ich unter den vielen anderen, die in den beiden Texten vorgestellt werden mit am wichtigsten, aber auch am interessantesten. Womöglich habe ich es auch falsch verstanden, oder nur einen Bruchteil dieser ganzen Sache auffassen können, da dieser ganze Gedankengang eines abwesenden oder sogar toten Autors einerseits sehr komplex aber teilweise auch nachvollziehbar ist, in einem anderen Moment einem dann aber wieder irgendwie sinnlos vorkommt. Nach meinem Verständnis bedeutet die Schrift Abwesenheit des Autors, da er mir sein geschriebenes Wort gesagt hätte, wäre er da. Das erklärt, warum man sich zum Beispiel während einer Vorlesung Notizen macht. Um in der Abwesenheit des Dozenten trotzdem noch seine Worte und dessen Inhalt bei sich zu haben. Man schreibt Dinge auf damit Leute sie in der eigenen Abwesenheit lesen und daraus ihre Schlüsse ziehen können. Aber ist man dann nicht selbst trotzdem noch da? Existiert man nicht trotzdem noch irgendwie in seinen Worten? Natürlich kann man sich dann im Umkehrschluss fragen: "Ist es wichtig wer das "Rasen betreten verboten"-Schild verfasst hat?"
Zuletzt möchte ich eine Aussage von Barthes kritisieren.
"Das Leben ahmt immer nur das Buch nach, und das Buch ist selbst nur ein Gewebe von Zeichen, eine verlorene, unendlich entfernte Nachahmung." (Barthes (2007[1968]), S.191).
Ich möchte bitte gerne den Menschen treffen, der sein Leben nach einem Buch ausrichtet. Meiner Meinung nach ahmt ein Buch immer das Leben nach. Möge es auch das Leben in einer distopischen oder nichtexistenten Welt sein. Aber das Buch wird immer von einem lebendigen Menschen erschaffen, der seine Eindrücke aus dem Leben zwangsläufig darin einbringt. Er kann nur über das schreiben, was er selbst Erfahren hat, bzw. was er sich vorstellen könnte zu erfahren. Widerum basiert diese Vorstellung aber nur auf dem was er bereits erfahren und erlebt hat. Ein Buch handelt immer von irgendeinem Leben, sei es das der Hauptperson oder einer Menschengruppe.
Auch, möchte ich noch einmal zu meiner Einleitung zurückkommen. Vielleicht ist es irrelevant, aber ich bin sicher, dass es in jedem Text doch einen Verweis auf den Autor gibt. Möge er auch verschlüsselt und nicht erkennbar sein, aber trotzdem ist er da. Den, wenn die Person, die einen Text schreibt, nicht existent ist, dann wäre es auch nicht der Text.
Mir ist bewusst, dass ich in meinem Post jetzt nur ein paar Ideen dieser beiden Texte herausgestellt habe. Vor allem Michel Foucault wirft eine Vielfalt von Ideen und Ansätzen auf, die ich, wenn ehrlich bin, auch bei mehrmaligem Lesen dieses 31 Seiten langen Textes (wenn das wirklich eine Vorlesung war, habe ich Mitleid mit den Studenten) nicht so verstehen können, dass ich sie schlüssig und nachvollziehbar erklären könnte. Vielleicht müsste ich ihn noch ein paar Male öfters lesen, aber dazu fehlt mich leider die Zeit.
Und ich frage mich, wird dies jetzt mein letzter Blogpost sein?
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Literatur:
Barthes, Roland (2007[1968]): "Der Tod des Autors". In: Jannidis, Fotis; Lauer, Gerhard; Martinez, Matias und Winko, Simone (Hrsg.):
Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, S. 185-193.
Foucault, Michel (2007[1969]): "Was ist ein Autor?". In: Jannidis, Fotis; Lauer, Gerhard; Martinez, Matias und Winko, Simone (Hrsg.):
Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, S. 198-229.