Donnerstag, 22. Januar 2015

Einfache Formen

Diese Woche geht es um einfache Formen, aber nicht deswegen wird mein Blog heute in einfacher Form gestaltet sein.
Da der Text für diese Woche leider erst Dienstagabend kam, war die Lektüre am Mittwoch morgen, mehrere Stunden eingequetscht in einem engen Vierer, mit einem demonstrativ BILD lesenden Mann, einer Frau, die meinte ihren panzerartigen Trolly direkt vor ihren Füßen parken zu müssen und einer Studentin, wegen der ich mein halbes Gepäck auf dem Schoß haben musste, etwas beschwerlich. Hinzu kamen später dann noch Schulkinder, so dass der Zug voll war mit Menschen und Lärm. In Siegen angekommen, hielten mich dann ein Seminar und ein Kolloquium, das etwas ausuferte (zeitlich gesehen) vom vernüftigen Weiterlesen ab.
Tja und jetzt sitze ich hier. Habe jetzt noch eine Stunde Zeit einen dreißigseitigen Text zu lesen und zu verstehen und darüber dann meine schlauen Gedanken zu schreiben. Inzwischen weiß ich aus Erfahrung, dass man das in einer Stunde nicht schafft. (Bei meinem letzten Blogpost habe ich schon zwei Stunden gebraucht, alleine für das Schreiben.)
Also deswegen heute mal etwas Freestyle.

Was sind einfache Formen?

Einfache Formen kennt jeder. Es handelt sich dabei um Märchen, Witze, Mythen, Legenden, Rätsel, Sprüche, Sagen, Kasus, Memorabile. Diese Formen sind volkstümlich, also sind sie schon immer da gewesen. Da sie lange Zeit nur mündlich übertragen wurden, hat sich die Forschung primär darum bemüht ihren Ursprung und ihren Weg nach zuvollziehen. Dabei sind einfache Formen auch literaturwissenschaftlich interessant zu erforschen. Vor allem, wenn man sich nach den Adressaten dieser Formen richtet. Ebenso kann man auf die Sprachgestaltung dieser Formen gehen und welche Sprachkenntnisse sie überhaupt von ihren Adressaten verlangen. (Sehr wichtig für Witz und Rätsel.) (Vgl. Bolte/Mackensen 1930/33, S. 484 ff.)

Was hat das ganze mit Autorschaft zu tun?

Die Frage sollte eher sein: Lässt sich so etwas wie Autorschaft bei einfachen Formen überhaupt bestimmen? Es ist unmöglich die Person herauszufinden, die der empirische Autor von Schneewittchen ist. Vor allem, da das Märchen sich auch mit der Zeit und je mehr es weitergetragen wurde, verändert hat. (Das "Stille-Post-Phänomen"). Allerdings könnte man versuchen auf eine Gruppe zu stoßen, die so gesehen, dann eine Autorschaftsfunktion hat. Wer sollte Witze über Kommunisten in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gemacht haben? Nazis zum Beispiel. Obwohl in diesem Fall die Gruppe der Nazis nicht nur Autoren, sondern auch gleichzeitig ihre Adressaten wären. Witze von und für Nazis sozusagen.
Heißt das im Umkehrschluss also, dass die Adressatengruppe auch gleichzeitig die Autorengruppe ist, was einfache Formen betrifft?

Vielleicht werden darauf gleich noch Antworten kommen.

____________________________________________________________

Bolte, Johannes (Hrsg.); Mackensen, Lutz: Handwörterbuch des deutschen Märchens. Band 1. Erschienen in: Walter de Gruyter & Co. Berlin und Leipzig 1930/1933.


Sonntag, 11. Januar 2015

Kulturindustrie: die Vernichtung der Aufklärung?

Auch in dieser Woche werde ich mich erneut mit der Kulturindustrie auseinandersetzen und einem Phänomen, das dieser Text beschreibt.
Während es in dem ersten Textteil, den ich letzte Woche gelesen habe eher um das System der Kulturindustrie an sich ging, handelte der zweite Textteil von dem was die Kulturindustrie für die Geselltschaft bedeutet.

Die Kulturindustrie ist wie eine Firma, dessen ganzes Konzept sich nur danach ausrichtet wie man möglichst viel Geld machen kann. Durch genormte Produkte für eine genormte Geselltschaft versucht sie dies zu erreichen. Die Produkte der Kulturindustrie (Fernsehformate, Radiosendungen etc.) sollen nicht zum Nachdenken anregen, sondern eher gegenteilig nur unterhalten ohne den Zuschauer groß interlektuell und kognitiv zu beanspruchen. Gemäß dem Motto: "We love to enterntain you" (Slowgang, Pro7)
Solange die Kulturindustrie unterhaltsame und amüsierende Formate ihren Konsumenten hinwirft, wird auch keiner von ihnen sie infrage stellen. "Vergnügt sein heißt Einverstanden sein." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.153) Erst, wenn Dinge Menschen nicht gefallen oder für sie unbequem sind, werden sie hinterfragt. Da die Kulturindustrie aber durch ihren manipulativen Charakter genau weiß, was die Menschen wollen, beziehungsweise weiß, wie sie es hinbekommt, dass Menschen "wollen" wollen, wird dies nicht so schnell passieren. Die Produkte der Kulturindustrie sind unterhaltend, stellen zufrieden, warum sollte diese also schlecht sein?

"Die Befreiung, die Amusement verspricht, ist die von Denken als von Negation. Die Unverschämtheit der rhetorischen Frage >> was wollen die Leute haben!<< besteht darin, daß sie auf dieselben Leute als denkende Subjekte sich beruft, die der Subjektivität zu entwöhnen ihre spezifische Aufgabe darstellt." (Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S.153)

Alles, was die Kulturindustrie uns hinwirft sollen wir widerstandslos essen. Warum tun wir es? Ganz klar, weil es lecker ist. Man stellt sich doch auch nur kurz die Frage welche Tiere außer Hühnchen sonst noch in Chickenuggets von großen Fastfoodketten verarbeitet wurden, bis man das erste im Mund hat und es einem schmeckt. Solange es uns nicht schadet, kann es ja nicht schlecht sein. Dabei merken wir gar nicht, wie sehr wir abstumpfen, faul werden und durch unsere satte Zufriedenheit nichts mehr infrage stellen. Ohne darüber wirklich nachzudenken essen wir Fleischabfälle solange sie nur gut genug gewürzt sind.
Genauso verhält es sich mit den Formaten der Kulturindustrie. Wir nehmen es wiederstandslos an, wenn die Sendung einen unterhaltenen Charakter hat. Denn das Infragestellen einer neue Serie ist doch viel zu anstrengend und unbequem. Fast so als wollte man sich einen Hamburger selber machen und mit dem Aussuchen des richtigen Fleisches beginnt.

Wie ich in meinem letzten Post schon beschrieben habe, versucht die Kulturindustrie uns dadurch zu gewinnen indem sie ihre Formate möglichst lebensnah gestaltet. So, dass sich der Konsument gar nicht groß umzustellen braucht zwischen seiner eigenen Realität und der Realität im Format. Dem Konsumenten wird es einfach gemacht sich mit den handelnen Figuren im Format zu identifizieren. Sieht einerseits sich selbst im Fersehen aber auch die große Distanz die herrscht zwischen ihm und der Figur, weil diese im Gegensatz zum Konsumenten es ins Fernsehen geschafft hat. "Die vollendete Ähnlichkeit ist der absolute Unterschied." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.154)
Stars sind genau solche Menschen wie wir. Die Kulturindustrie möchte uns glauben lassen, dass sie unsere Probleme haben, unsere Sorgen und, dass sie eigentlich genauso ein Leben führen wie wir. Sie möchte uns weismachen, dass theoretisch jeder berühmt werden könnte. Doch, dass genauso normale Menschen mit den gleichen Problemen  berühmt werden und andere nicht, treibt eine Kluft zwischen die Menschen. Man bewundert berühmte Persönlichkeiten und freut sich, wenn man Gemeinsamkeiten in einer Person findet, die durch ihre Berühmtheit doch soweit weg von einem zu sein scheint. Doch eigentlich sind wir alle Spielbälle der Kulturindustrie, die Stars, so wie die Konsumenten.

"Er selbst, als Individuum, ist das absolut Ersetzbare, das reine Nichts, und eben das bekommt er zu spüren, wenn er mit der Zeit der Ähnlichkeit verlustig geht." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.154)
Die Austauschbarkeit scheint erschreckend. Für die Kulturindustrie ist es nicht mehr wichtig, wer der einzelne im Publikum ist. Das wichtige ist, dass es ein Publikum gibt. Auch die heutigen Stars scheinen austauschbar. In ein paar Jahren kennt man die meisten nicht mehr, aber einzelne Typen wiederholen sich. Die Idee, dass das Individuum ersatzbar und eigentlich vollkommen bedeutungslos ist, lässt unsere Geselltschaft zurück in die Ideologie des Mittelalters gehen. Dort war das Individuum vor Gott und dem Kaiser ein ersetzbares und an sich bedeutungsloses Wesen. Einher geht dann die Frage: Ist die Kulturindustrie nun der Gott oder Kaiser der Neuzeit? Hat unsere Geselltschaft wieder einen Rückschritt gemacht und sich von den Ideen der Aufklärung losgesagt? Die Tatsache, dass man als Individuum selbst denken soll, wird von der Kulturindustrie ausgeschaltet und, dass jedes Individuum zählt, als die Grundlage der Demokratie, scheint auch nicht mehr vorhanden zu sein bei der offensichtlichen Austauschbarkeit des Einzelnen.

Doch es gibt sie ja noch. Die kleinen Kultursender und Zeitschriften, die unabhängigen Kinos und Theater. Aber sie haben schwer zu kämpfen. Warum? Weil, ihnen das Geld fehlt und das Publikum. Die Kulturindustrie macht sie zu Außenseitern und verstößt sie, da sie anscheinend zu dumm waren sich einfach der Kulturindustrie hinzugeben, die durch ihren Reichtum auch die ganze Macht über den Markt hat.(Vgl.Horkheimer Adorno 2008[1969], S.159). Macht durch die Werbung die sie zu Hauf produziert und durch die sie ihr Publikum immer weiter manipulieren kann. Die ganze Welt besteht nur noch aus dieser Werbung in der jedes der reichen Unternehmen seine Macht über die anderen zur Schau stellen kann und somit die kleineren und ärmeren ohne großen Aufwand aus dem Rennen werfen kann. (Vgl. Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.171 f.)

Die Kulturindustrie ist nicht nur zur bloßen stumpfsinnigen Unterhaltung zuständig. Sie kann hat noch mehr Macht, die sich totalitäre politische Systeme gerne zu nutzen machen.
"Die Nationalsozialisten selber wußten, daß der Rundfunk ihrer Sache Gestalt verlieh, wie die Druckerpresse der Reformation." (Horkheimer/ Adorno 2008[1969], S.168)
 Die Menschen denken nicht mehr und fressen alles, was ihnen vorgesetzt wird. Sie hinterfragen nicht mehr solange es für sie bequem ist und somit bildet die Kulturindustrie auch schnell eine Gefahr dafür, für die falschen Zwecke ausgenutzt zu werden.

Wir müssen den Fernseher ausstellen und wieder anfangen selber zu denken. So, wie es die Menschen vor c.a 200 Jahren schon einmal geschafft haben.

______________________________________________________________________________

Literatur:
 Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2008 [1969] "Kulturindustrie"  In: Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung Philophische Fragmente. Frankfurt am Main, S.152-176




Mittwoch, 7. Januar 2015

Kulturindustrie

Diese Woche (beziehungsweise auch in den letzten Wochen, da ja Ferien waren) musste ich mich mit einem Text über Kulturindustrie auseinander setzen, den ich persönlich sehr interessant fand.
Der Text wurde von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno verfasst und befasst sich mit einem Wandel der Kultur in das Industrielle. Die Entwicklung ist darauf zurück zu führen, dass es durch die Erfindung der Massenmedien (Radio) viel leichter wurde ein Millionen Publikum zu erreichen und auch zu manipulieren. (Da im Vorwort des Textes gesagt wurde, dass der Text unter anderem auch verfasst wurde um das System von Diktaturen zu erklären - soweit ich das richtig verstanden habe - ist manipulieren wohl das passende Wort.)
Die Geselltschaft wird genormt und in verschiedene Klassen eingeteilt, damit die Kulturindustrie für diese unterschiedlichen Klassen nun unterschiedliche "Produkte" herstellen kann, damit auch alle sich zufrieden geben und keiner auf die Idee kommt aus diesem System auszureißen, da er sich ihm nicht mehr nah genug fühlt. (Vgl. Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S. 131)
Diese Industrie, die sich Kultur nennt, stellt also Produkte in Form von Unterhaltung her nach dem Vorbild, was die Menschen der jeweiligen Klassen wollen. Widerum zeigt die Kulturindustrie den Leuten, das was sie sogesehen wollen sollen. Es ensteht sogesehen ein Kreis aus den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen und der Manipulation der Kulturindustrie, die den Menschen ihre Bedürfnisse aufzwingt. So entsteht die Norm an Bedürfnissen, die befriedigt werden und zwar von der Kulturindustrie.
Alles unter dem Vorsatz möglichst viel Profit mit Kultur zu erlangen. Nicht mehr die, die anders denken und gegen das System mit ihrer Kunst rebellieren werden zu Künstlern ernannt.(Vgl. Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S. 138). Den Künstler an sich scheint es  nicht mehr zu geben stattdessen eine von Produktionsfirmen vorher abgefertigte und nach einfallslosen Klischees ausgesuchte Masse an Leuten. Der "wahre" Künstler an sich verschwindet als Außenseiter. Zurück bleibt die genormte und gesichtslose Masse.
Die Kulturindustrie setzt daran an immer da gewesenes immer wieder anders zusammen zusetzen und somit eine "Produktoptimierung" zu erreichen. Immer mit dem Ziel mehr Geld zu verdienen.
Der Gedanke, dass nichts neues mehr erschaffen wird, sondern Dagewesenes nur wieder anders zusammen gesetzt wurde, kennen wir schon Barthes, der dieses in seinem Aufsatz "Tod des Autors" thematisiert.
Somit kann man sich mit Recht fragen ist das Verschwinden des Künstlers durch das einnehmende Monopol der Kulturindustrie auch die Todesursache des Autors?

_____________________________________________________________________________

Literatur:

Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2008 [1969] "Kulturindustrie"  In: Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung Philophische Fragmente. Frankfurt am Main, S.128-152