Donnerstag, 22. Januar 2015

Einfache Formen

Diese Woche geht es um einfache Formen, aber nicht deswegen wird mein Blog heute in einfacher Form gestaltet sein.
Da der Text für diese Woche leider erst Dienstagabend kam, war die Lektüre am Mittwoch morgen, mehrere Stunden eingequetscht in einem engen Vierer, mit einem demonstrativ BILD lesenden Mann, einer Frau, die meinte ihren panzerartigen Trolly direkt vor ihren Füßen parken zu müssen und einer Studentin, wegen der ich mein halbes Gepäck auf dem Schoß haben musste, etwas beschwerlich. Hinzu kamen später dann noch Schulkinder, so dass der Zug voll war mit Menschen und Lärm. In Siegen angekommen, hielten mich dann ein Seminar und ein Kolloquium, das etwas ausuferte (zeitlich gesehen) vom vernüftigen Weiterlesen ab.
Tja und jetzt sitze ich hier. Habe jetzt noch eine Stunde Zeit einen dreißigseitigen Text zu lesen und zu verstehen und darüber dann meine schlauen Gedanken zu schreiben. Inzwischen weiß ich aus Erfahrung, dass man das in einer Stunde nicht schafft. (Bei meinem letzten Blogpost habe ich schon zwei Stunden gebraucht, alleine für das Schreiben.)
Also deswegen heute mal etwas Freestyle.

Was sind einfache Formen?

Einfache Formen kennt jeder. Es handelt sich dabei um Märchen, Witze, Mythen, Legenden, Rätsel, Sprüche, Sagen, Kasus, Memorabile. Diese Formen sind volkstümlich, also sind sie schon immer da gewesen. Da sie lange Zeit nur mündlich übertragen wurden, hat sich die Forschung primär darum bemüht ihren Ursprung und ihren Weg nach zuvollziehen. Dabei sind einfache Formen auch literaturwissenschaftlich interessant zu erforschen. Vor allem, wenn man sich nach den Adressaten dieser Formen richtet. Ebenso kann man auf die Sprachgestaltung dieser Formen gehen und welche Sprachkenntnisse sie überhaupt von ihren Adressaten verlangen. (Sehr wichtig für Witz und Rätsel.) (Vgl. Bolte/Mackensen 1930/33, S. 484 ff.)

Was hat das ganze mit Autorschaft zu tun?

Die Frage sollte eher sein: Lässt sich so etwas wie Autorschaft bei einfachen Formen überhaupt bestimmen? Es ist unmöglich die Person herauszufinden, die der empirische Autor von Schneewittchen ist. Vor allem, da das Märchen sich auch mit der Zeit und je mehr es weitergetragen wurde, verändert hat. (Das "Stille-Post-Phänomen"). Allerdings könnte man versuchen auf eine Gruppe zu stoßen, die so gesehen, dann eine Autorschaftsfunktion hat. Wer sollte Witze über Kommunisten in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gemacht haben? Nazis zum Beispiel. Obwohl in diesem Fall die Gruppe der Nazis nicht nur Autoren, sondern auch gleichzeitig ihre Adressaten wären. Witze von und für Nazis sozusagen.
Heißt das im Umkehrschluss also, dass die Adressatengruppe auch gleichzeitig die Autorengruppe ist, was einfache Formen betrifft?

Vielleicht werden darauf gleich noch Antworten kommen.

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Bolte, Johannes (Hrsg.); Mackensen, Lutz: Handwörterbuch des deutschen Märchens. Band 1. Erschienen in: Walter de Gruyter & Co. Berlin und Leipzig 1930/1933.


Sonntag, 11. Januar 2015

Kulturindustrie: die Vernichtung der Aufklärung?

Auch in dieser Woche werde ich mich erneut mit der Kulturindustrie auseinandersetzen und einem Phänomen, das dieser Text beschreibt.
Während es in dem ersten Textteil, den ich letzte Woche gelesen habe eher um das System der Kulturindustrie an sich ging, handelte der zweite Textteil von dem was die Kulturindustrie für die Geselltschaft bedeutet.

Die Kulturindustrie ist wie eine Firma, dessen ganzes Konzept sich nur danach ausrichtet wie man möglichst viel Geld machen kann. Durch genormte Produkte für eine genormte Geselltschaft versucht sie dies zu erreichen. Die Produkte der Kulturindustrie (Fernsehformate, Radiosendungen etc.) sollen nicht zum Nachdenken anregen, sondern eher gegenteilig nur unterhalten ohne den Zuschauer groß interlektuell und kognitiv zu beanspruchen. Gemäß dem Motto: "We love to enterntain you" (Slowgang, Pro7)
Solange die Kulturindustrie unterhaltsame und amüsierende Formate ihren Konsumenten hinwirft, wird auch keiner von ihnen sie infrage stellen. "Vergnügt sein heißt Einverstanden sein." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.153) Erst, wenn Dinge Menschen nicht gefallen oder für sie unbequem sind, werden sie hinterfragt. Da die Kulturindustrie aber durch ihren manipulativen Charakter genau weiß, was die Menschen wollen, beziehungsweise weiß, wie sie es hinbekommt, dass Menschen "wollen" wollen, wird dies nicht so schnell passieren. Die Produkte der Kulturindustrie sind unterhaltend, stellen zufrieden, warum sollte diese also schlecht sein?

"Die Befreiung, die Amusement verspricht, ist die von Denken als von Negation. Die Unverschämtheit der rhetorischen Frage >> was wollen die Leute haben!<< besteht darin, daß sie auf dieselben Leute als denkende Subjekte sich beruft, die der Subjektivität zu entwöhnen ihre spezifische Aufgabe darstellt." (Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S.153)

Alles, was die Kulturindustrie uns hinwirft sollen wir widerstandslos essen. Warum tun wir es? Ganz klar, weil es lecker ist. Man stellt sich doch auch nur kurz die Frage welche Tiere außer Hühnchen sonst noch in Chickenuggets von großen Fastfoodketten verarbeitet wurden, bis man das erste im Mund hat und es einem schmeckt. Solange es uns nicht schadet, kann es ja nicht schlecht sein. Dabei merken wir gar nicht, wie sehr wir abstumpfen, faul werden und durch unsere satte Zufriedenheit nichts mehr infrage stellen. Ohne darüber wirklich nachzudenken essen wir Fleischabfälle solange sie nur gut genug gewürzt sind.
Genauso verhält es sich mit den Formaten der Kulturindustrie. Wir nehmen es wiederstandslos an, wenn die Sendung einen unterhaltenen Charakter hat. Denn das Infragestellen einer neue Serie ist doch viel zu anstrengend und unbequem. Fast so als wollte man sich einen Hamburger selber machen und mit dem Aussuchen des richtigen Fleisches beginnt.

Wie ich in meinem letzten Post schon beschrieben habe, versucht die Kulturindustrie uns dadurch zu gewinnen indem sie ihre Formate möglichst lebensnah gestaltet. So, dass sich der Konsument gar nicht groß umzustellen braucht zwischen seiner eigenen Realität und der Realität im Format. Dem Konsumenten wird es einfach gemacht sich mit den handelnen Figuren im Format zu identifizieren. Sieht einerseits sich selbst im Fersehen aber auch die große Distanz die herrscht zwischen ihm und der Figur, weil diese im Gegensatz zum Konsumenten es ins Fernsehen geschafft hat. "Die vollendete Ähnlichkeit ist der absolute Unterschied." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.154)
Stars sind genau solche Menschen wie wir. Die Kulturindustrie möchte uns glauben lassen, dass sie unsere Probleme haben, unsere Sorgen und, dass sie eigentlich genauso ein Leben führen wie wir. Sie möchte uns weismachen, dass theoretisch jeder berühmt werden könnte. Doch, dass genauso normale Menschen mit den gleichen Problemen  berühmt werden und andere nicht, treibt eine Kluft zwischen die Menschen. Man bewundert berühmte Persönlichkeiten und freut sich, wenn man Gemeinsamkeiten in einer Person findet, die durch ihre Berühmtheit doch soweit weg von einem zu sein scheint. Doch eigentlich sind wir alle Spielbälle der Kulturindustrie, die Stars, so wie die Konsumenten.

"Er selbst, als Individuum, ist das absolut Ersetzbare, das reine Nichts, und eben das bekommt er zu spüren, wenn er mit der Zeit der Ähnlichkeit verlustig geht." (Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.154)
Die Austauschbarkeit scheint erschreckend. Für die Kulturindustrie ist es nicht mehr wichtig, wer der einzelne im Publikum ist. Das wichtige ist, dass es ein Publikum gibt. Auch die heutigen Stars scheinen austauschbar. In ein paar Jahren kennt man die meisten nicht mehr, aber einzelne Typen wiederholen sich. Die Idee, dass das Individuum ersatzbar und eigentlich vollkommen bedeutungslos ist, lässt unsere Geselltschaft zurück in die Ideologie des Mittelalters gehen. Dort war das Individuum vor Gott und dem Kaiser ein ersetzbares und an sich bedeutungsloses Wesen. Einher geht dann die Frage: Ist die Kulturindustrie nun der Gott oder Kaiser der Neuzeit? Hat unsere Geselltschaft wieder einen Rückschritt gemacht und sich von den Ideen der Aufklärung losgesagt? Die Tatsache, dass man als Individuum selbst denken soll, wird von der Kulturindustrie ausgeschaltet und, dass jedes Individuum zählt, als die Grundlage der Demokratie, scheint auch nicht mehr vorhanden zu sein bei der offensichtlichen Austauschbarkeit des Einzelnen.

Doch es gibt sie ja noch. Die kleinen Kultursender und Zeitschriften, die unabhängigen Kinos und Theater. Aber sie haben schwer zu kämpfen. Warum? Weil, ihnen das Geld fehlt und das Publikum. Die Kulturindustrie macht sie zu Außenseitern und verstößt sie, da sie anscheinend zu dumm waren sich einfach der Kulturindustrie hinzugeben, die durch ihren Reichtum auch die ganze Macht über den Markt hat.(Vgl.Horkheimer Adorno 2008[1969], S.159). Macht durch die Werbung die sie zu Hauf produziert und durch die sie ihr Publikum immer weiter manipulieren kann. Die ganze Welt besteht nur noch aus dieser Werbung in der jedes der reichen Unternehmen seine Macht über die anderen zur Schau stellen kann und somit die kleineren und ärmeren ohne großen Aufwand aus dem Rennen werfen kann. (Vgl. Horkheimer/Adorno 2008[1969], S.171 f.)

Die Kulturindustrie ist nicht nur zur bloßen stumpfsinnigen Unterhaltung zuständig. Sie kann hat noch mehr Macht, die sich totalitäre politische Systeme gerne zu nutzen machen.
"Die Nationalsozialisten selber wußten, daß der Rundfunk ihrer Sache Gestalt verlieh, wie die Druckerpresse der Reformation." (Horkheimer/ Adorno 2008[1969], S.168)
 Die Menschen denken nicht mehr und fressen alles, was ihnen vorgesetzt wird. Sie hinterfragen nicht mehr solange es für sie bequem ist und somit bildet die Kulturindustrie auch schnell eine Gefahr dafür, für die falschen Zwecke ausgenutzt zu werden.

Wir müssen den Fernseher ausstellen und wieder anfangen selber zu denken. So, wie es die Menschen vor c.a 200 Jahren schon einmal geschafft haben.

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Literatur:
 Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2008 [1969] "Kulturindustrie"  In: Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung Philophische Fragmente. Frankfurt am Main, S.152-176




Mittwoch, 7. Januar 2015

Kulturindustrie

Diese Woche (beziehungsweise auch in den letzten Wochen, da ja Ferien waren) musste ich mich mit einem Text über Kulturindustrie auseinander setzen, den ich persönlich sehr interessant fand.
Der Text wurde von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno verfasst und befasst sich mit einem Wandel der Kultur in das Industrielle. Die Entwicklung ist darauf zurück zu führen, dass es durch die Erfindung der Massenmedien (Radio) viel leichter wurde ein Millionen Publikum zu erreichen und auch zu manipulieren. (Da im Vorwort des Textes gesagt wurde, dass der Text unter anderem auch verfasst wurde um das System von Diktaturen zu erklären - soweit ich das richtig verstanden habe - ist manipulieren wohl das passende Wort.)
Die Geselltschaft wird genormt und in verschiedene Klassen eingeteilt, damit die Kulturindustrie für diese unterschiedlichen Klassen nun unterschiedliche "Produkte" herstellen kann, damit auch alle sich zufrieden geben und keiner auf die Idee kommt aus diesem System auszureißen, da er sich ihm nicht mehr nah genug fühlt. (Vgl. Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S. 131)
Diese Industrie, die sich Kultur nennt, stellt also Produkte in Form von Unterhaltung her nach dem Vorbild, was die Menschen der jeweiligen Klassen wollen. Widerum zeigt die Kulturindustrie den Leuten, das was sie sogesehen wollen sollen. Es ensteht sogesehen ein Kreis aus den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen und der Manipulation der Kulturindustrie, die den Menschen ihre Bedürfnisse aufzwingt. So entsteht die Norm an Bedürfnissen, die befriedigt werden und zwar von der Kulturindustrie.
Alles unter dem Vorsatz möglichst viel Profit mit Kultur zu erlangen. Nicht mehr die, die anders denken und gegen das System mit ihrer Kunst rebellieren werden zu Künstlern ernannt.(Vgl. Horkheimer/Adorno 2008 [1969], S. 138). Den Künstler an sich scheint es  nicht mehr zu geben stattdessen eine von Produktionsfirmen vorher abgefertigte und nach einfallslosen Klischees ausgesuchte Masse an Leuten. Der "wahre" Künstler an sich verschwindet als Außenseiter. Zurück bleibt die genormte und gesichtslose Masse.
Die Kulturindustrie setzt daran an immer da gewesenes immer wieder anders zusammen zusetzen und somit eine "Produktoptimierung" zu erreichen. Immer mit dem Ziel mehr Geld zu verdienen.
Der Gedanke, dass nichts neues mehr erschaffen wird, sondern Dagewesenes nur wieder anders zusammen gesetzt wurde, kennen wir schon Barthes, der dieses in seinem Aufsatz "Tod des Autors" thematisiert.
Somit kann man sich mit Recht fragen ist das Verschwinden des Künstlers durch das einnehmende Monopol der Kulturindustrie auch die Todesursache des Autors?

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Literatur:

Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2008 [1969] "Kulturindustrie"  In: Horkenheimer, Max; Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung Philophische Fragmente. Frankfurt am Main, S.128-152


Dienstag, 16. Dezember 2014

Foucault und mein Unverständnis

Für diese Woche gab es keine neue Aufgabe. Noch einmal hatte ich das Vergnügen mich mit den beiden Texten "Tod des Autors" von Roland Barthes und "Was ist ein Autor?" von Michel Foucault auseinander zu setzen.

Nur eins kann ich schonmal im Vorraus sagen: Ich bin verzweifelt. (Und ich weiß genau, dass Sie jetzt lachen, Herr Paßmann.)

Da ich mich ja letzte Woche eher um Barthes gekümmert habe, dachte ich, dass ich jetzt noch einmal Foucault ganz genau unter die Lupe nehmen werde. Das Hindernis: 31 Seiten. 31 Seiten in denen dieser Mann sich dafür zu rechtfertigen meint, wie "unbedeuten" seine Ideen doch seien.

"Leider ist das, was ich Ihnen heute mitbringe, viel zu unbedeutend, so fürchte ich um Ihre Aufmerksamkeit zu verdienen." (Fouault (2007[1969]), S.199)
 Warum folgen dann nach dieser Textstelle noch 30 Seiten detailierter Beschreibungen?! Die ich auch noch mehrmals gelesen habe, obwohl ich während ich diesen Text gelesen habe immer mit meinen Gedanken abgeschweift bin, ohne es zu merken. (Ich wette in diesem Hörsaal, wo dieser Vortrag gehalten wurde, haben spätestens die Letzten bei der Erwähnung Mathematischer Diskurse abgeschaltet.)
Foucaults Ideen sind für mich nicht greifbar. Irgendwo in mir schwebt eine Ahnung, was er wohl meinen könnte, doch es ist wie ein Traum, den man hatte und den man erzählen möchte, versucht man sich an Details zu erinnern um diesen Traum nachkonstruieren, verschwinden sie und man kann gar nichts mehr in Worte fassen. Ich selbst habe auch das Gefühl, dass Foucault auch nicht ganz weiß, worüber genau er redet, obwohl man das solchen schlauen Leuten nie unterstellen sollte.

Es tut mir übrigens Leid, dass ich mich nicht sehr wissenschaftlich ausdrücke und mit Fachwörtern um mich schleudere, die implizieren wie viel Ahnung ich habe, denn ich habe schlichtgesagt keine Ahnung.

Irgendwie ärgert es mich, dass ich Foucault nicht verstehe. Oder zumindest nicht so verstehe, dass ich es in Worte fassen könnte.

Gut, wenn ich Foucault nicht verstehe, dann wenigstens andere Leute, dachte ich mir und ging auf die Suche. Ich fand einen Wikipedia Artikel zu dem Text "Was ist ein Autor?" und eine Hausarbeit zum Thema auf Hausaufgaben.de.

Half auch nicht wirklich weiter.

Aber vielleicht kann ich das, was ich meine verstanden zu haben kurz zusammen fassen, damit dieser Blogpost noch wenigstens etwas Inhalt hat.

Foucault ist ebenfalls der Ansicht, dass der Autor verschwindet. Der Autor an sich ist nur ein Prinzip das je nach Zeit und Diskurs mehr oder weniger wichtig ist und auch immer anders verstanden wird. Sei es als Rechtfertigung und Bewahrheitung einer naturwissenschaftlichen Theorie im Mittelalter, ein Wertniveau oder einfach ein Name und dessen man mehrere Texte ordnen kann. Der Autor ist eine Funktion für einen Text, oder auch keine, denn der Text an sich ist etwas selbstständiges, das aus sich selber entsteht. (Vgl. Foucault (2007[1969]), S.212 ff.)

Ich hoffe in der nächsten Sitzung mehr Einsicht gewinnen zu können, denn meistens hilft es, wenn man über Texte spricht.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Ist der Autor wirklich tot?

Bin ich tot? Ist J.K Rowling tot? Oder Suzanne Collins? Was ist mit Umberto Eco?
Sind wir alle gestorben, weil wir Autoren von Texten sind? Haben wir uns, während wir unsere Gedanken und Geschichten in der Schrift verfestigt haben, aufgelöst? Ist unsere Identität mit der Schrift verschwunden und hat unser geschriebener Text uns ... umgebracht?

Bitte nicht!

Diese Woche hatte ich die Aufgabe zwei Texte zu lesen, die eine sehr komplizierte und abstrakte Theorie verfolgten. Nämlich die vom Tod des Autors. Natürlich nicht in der naiven Sichtweise in der man diesen Ansatz als erstes verstehen könnte. Ich bin wohl auf und auch die anderen genannten Personen sollten gesund aber vor allem lebendig sein. Es geht eher um den Autor allgemein und die Rolle, die er für seinen Text spielt oder es eben auch nicht tut.

Die Verfasser der beiden Texte, Roland Barthes und Michel Foucault, vertreten den Standpunkt, dass der Autor irrelevant für einen Text sei, der Text (bzw. die Schrift) eine selbständige Instanz sei und der Bezug eines Text auf den Autor nur beschränkend sei für das Verstehen und Interpretieren eines Textes. Obwohl auch der Text nur eine Aneinanderreihung an Zitaten sein solle, so also nie irgendetwas wirklich Neues sage. (Vgl. Barthes (2007[1968]), S.190). Zu dem wird auch noch von Michel Foucault der Autorenbegriff und weitere Begriffe wie "Werk" und "Schreiben" kritisiert. (Vgl. Foucault (2007[1969]), S.202 ff.)

Der Begriff des Autors ist sowohl für Michel Foucault als auch für Roland Barthes erst zur Zeiten der Aufklärung aufgekommen, als sich das Weltbild und die Fokussierung der Menschen immer mehr auf das Individuum konzentrierten. (Vgl. Fougart (2007[1969]), S.202 ;Vgl. Barthes (2007[1968]) S.186).
Für unsere jetzige Zeit werde der Begriff Autor immer unwichtiger und hinderlicher für das Verständnis eines Textes, da er eine einzig "wahre" und "richtige" Bedeutung eines Textes voraussetzt. Nämlich die Intention des Autors, sein Leben, seine Persönlichkeit, seine Erfahrungen. Man sucht den Autor in seinen Texten, obwohl er gar nicht existent sei.

"Die Schrift ist der unbestimmte, uneinheitliche, unfixierbare Ort, wohin unser Subjekt² entflieht, das Schwarzweiß, in dem sich jede Identität aufzulösen beginnt, angefangen mit derjenigen des schreibenden Körpers." (Barthes (2007[1968]), S.185).
 Der Text ist ein Beweis der Abwesenheit. Diesen Gedanken finde ich unter den vielen anderen, die in den beiden Texten vorgestellt werden mit am wichtigsten, aber auch am interessantesten. Womöglich habe ich es auch falsch verstanden, oder nur einen Bruchteil dieser ganzen Sache auffassen können, da dieser ganze Gedankengang eines abwesenden oder sogar toten Autors einerseits sehr komplex aber teilweise auch nachvollziehbar ist, in einem anderen Moment einem dann aber wieder irgendwie sinnlos vorkommt. Nach meinem Verständnis bedeutet die Schrift Abwesenheit des Autors, da er mir sein geschriebenes Wort gesagt hätte, wäre er da. Das erklärt, warum man sich zum Beispiel während einer Vorlesung Notizen macht. Um in der Abwesenheit des Dozenten trotzdem noch seine Worte und dessen Inhalt bei sich zu haben. Man schreibt Dinge auf damit Leute sie in der eigenen Abwesenheit lesen und daraus ihre Schlüsse ziehen können. Aber ist man dann nicht selbst trotzdem noch da? Existiert man nicht trotzdem noch irgendwie in seinen Worten? Natürlich kann man sich dann im Umkehrschluss fragen: "Ist es wichtig wer das "Rasen betreten verboten"-Schild verfasst hat?"

Zuletzt möchte ich eine Aussage von Barthes kritisieren.
"Das Leben ahmt immer nur das Buch nach, und das Buch ist selbst nur ein Gewebe von Zeichen, eine verlorene, unendlich entfernte Nachahmung." (Barthes (2007[1968]), S.191).
Ich möchte bitte gerne den Menschen treffen, der sein Leben nach einem Buch ausrichtet. Meiner Meinung nach ahmt ein Buch immer das Leben nach. Möge es auch das Leben in einer distopischen oder nichtexistenten Welt sein. Aber das Buch wird immer von einem lebendigen Menschen erschaffen, der seine Eindrücke aus dem Leben zwangsläufig darin einbringt. Er kann nur über das schreiben, was er selbst Erfahren hat, bzw. was er sich vorstellen könnte zu erfahren. Widerum basiert diese Vorstellung aber nur auf dem was er bereits erfahren und erlebt hat. Ein Buch handelt immer von irgendeinem Leben, sei es das der Hauptperson oder einer Menschengruppe.

Auch, möchte ich noch einmal zu meiner Einleitung zurückkommen. Vielleicht ist es irrelevant, aber ich bin sicher, dass es in jedem Text doch einen Verweis auf den Autor gibt. Möge er auch verschlüsselt und nicht erkennbar sein, aber trotzdem ist er da. Den, wenn die Person, die einen Text schreibt, nicht existent ist, dann wäre es auch nicht der Text.

Mir ist bewusst, dass ich in meinem Post jetzt nur ein paar Ideen dieser beiden Texte herausgestellt habe. Vor allem Michel Foucault wirft eine Vielfalt von Ideen und Ansätzen auf, die ich, wenn ehrlich bin, auch bei mehrmaligem Lesen dieses 31 Seiten langen Textes (wenn das wirklich eine Vorlesung war, habe ich Mitleid mit den Studenten) nicht so verstehen können, dass ich sie schlüssig und nachvollziehbar erklären könnte. Vielleicht müsste ich ihn noch ein paar Male öfters lesen, aber dazu fehlt mich leider die Zeit.

Und ich frage mich, wird dies jetzt mein letzter Blogpost sein?

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Literatur:

Barthes, Roland (2007[1968]): "Der Tod des Autors". In: Jannidis, Fotis; Lauer, Gerhard; Martinez, Matias und Winko, Simone (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, S. 185-193.

Foucault, Michel (2007[1969]): "Was ist ein Autor?". In: Jannidis, Fotis; Lauer, Gerhard; Martinez, Matias und Winko, Simone (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, S. 198-229.








Mittwoch, 26. November 2014

Kunst und Wiederholung

Jeder von uns tut es. Jeder von uns schaut Fernsehen. Ob nun aus Interesse oder aus Zeitvertreib. Und jeder von uns hat auch bestimmt, die ein oder andere Fernsehserie, die er sich vielleicht mehr oder weniger regelmäßig anschaut. Und dann gibt es noch die eine Lieblingsserie, von der man jede Folge schon dreimal gesehen hat und die Handlung aller Staffeln auswendig weiß. Man kennt jeden Charakter dieser Serie so gut, als wäre es ein Familienangehöriger und verfügt über ein stattliches Insiderwissen.

Doch warum lösen Serien so viel aus? Warum fühlt man sich in Serien meistens heimischer als einmaligen Spielfilmen?
Die Antwort ist: die Wiederholung. Dinge kommen uns erst vertraut vor durch die Wiederholung. Dazu kann man einige Beispiele aus dem Alltag heran ziehen. Warum freundet man sich mit Menschen an? Weil man sie mehr als einmal getroffen hat. Dadurch, dass man sich zum wiederholten Mal wieder trifft, kann man auf den Dingen aufbauen, die man vom ersten Treffen noch weiß und so kann man eine Beziehung zu dem Menschen aufbauen. Wenn man jemanden ein einziges Mal trifft und daraufhin nie wieder, wird diese Begegnung und auch diese Person in Vergesseneheit geraten..


"Alles Einmalige ist langweilig - solange bis es wiederholt, wieder geholt wird." (Groddeck 1999, 177).

Das Langweilige wird auf Dauer vergessen werden und somit in der Nachwelt gar nicht mehr existieren. Die Tatsache, dass etwas wieder geholt wird, zeigt also auch, dass diese Sache so interessant war, dass sie wiederkommen sollte. Als Beispiel kann man dafür auch die Mode nehmen. Waren Pettycoats bislang nur in den fünfzigern aktuell, erlebten sie vorkurzen eine Wiedergeburt. Also hat sich der Schnitt des Pettycoats als so gut aufgewiesen, dass Modedesigner ihn wieder aufgenommen haben. (Für alle, die es nicht wissen: Ein Pettycoat ist ein knielanges Kleid mit etwas aufgebauschten Rock.) Eine Tücke gibt es allerdings, wir sprechen zwar grade von einer Wiederholung, aber mit der Wiederholung einer Sache, vollzieht sich auch eine Entwicklung. Kein Modedesigner hätte einen Pettycoat nach den Schnittmustern original aus den Fünfzigern genäht. Er hat zwar vielleicht den Grundschnitt genommen, aber das Kleidungsstück Pettycoat so weiter entwickelt, dass es in unsere Zeit passt.

So ist es ebenfalls mit Fernsehserien. Grundplots werden wiederholt, aber nicht so, wie sie schoneinmal da waren. Es ist wie ein Malbuch. Man hat eine vorgegebende Form, kann sie aber immer wieder mit unterschiedlichen Farben ausmalen. Ebenso wird durch die Wiederholung einer Serie, also dadurch, dass man immer die gleichen handelnen Personen sieht, es immer die selben Kulissen sind, die gezeigt werden, für den Zuschauer eine Art Vertrautheit mit der Serie aufgebaut. Zudem haben Seriencharaktere viel mehr Chancen sich zu entwickeln, als Filmcharaktere. Serien sind alltäglicher, es passieren viele kleine Handlungen und nicht eine große, wie im Film. Wenn man darüber nachdenkt, besteht unser ganzes Leben nur aus Wiederholungen. Jeden Tag machen wir das selbe, Kurse an der Uni wiederholen sich täglich, manche Konflikte wiederholen sich etc...

"Ohne Wiederholen keine Lust, keine Liebe, keine Form, keine Struktur, kein Leben." (Groddeck 1999, 177).

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Groddeck, Wolfram (1999): "Wiederholen". In: Bosse, Heinrich und Renner, Ursula (Hrsg): Literaturwissenschaft. Einführung in ein Sprachspiel. Freiburg i.Br., S.177-191. 

Mittwoch, 19. November 2014

Content Analysis und Umberto Eco

1989 veröffentlichte Klaus Krippendorff seine Theorie Content Analysis. In dieser beschreibt er, wie mit Hilfe der Content Analysis Unterschiede zwischen den Darstellungen von Sachverhalten durch verschiedene Medien, die Entwicklung von der Darstellung von Personengruppen im Laufe der Geschichte, Änderungen von politischen Systemen im Laufe der Zeit etc herausfinden und untersuchen kann. Krippendorff beginnt damit, dass Informationen (engl. data.) immer in einem gewissen Kontext zu einer bestimmten Personengruppe stehen und die Auffassung dieser Informationen immer etwas über den kulturellen und soziopolitischen Hintergrund dieser Gruppe aussagen. Ebenfalls sagen aber auch die Informationen selbst viel über ihren Ursprung bzw eher Schöpfer oder Erzeuger aus. Content Analysis setzt also da an, dass sie Informationen (Daten) im Bezug auf ihren Kontext analysiert und gültige Schlüsse daraus zieht. Diese Informationen bekommen Forscher aus Quellen wie den öffentlichen Medien, Zeitungen, Büchern, Bildern aber auch aus Tagebuchberichten, Briefen, Aufnahmen von therapeutischen Sitzungen etc, obwohl letzteres eher unoffensichtliche Quellen sind, im Gegensatz zu den erstgenannten Beispielen. Die Methode wird vor Allem in der Sozialwissenschaft, in der Geschichtswissenschaft aber auch in der Literaturwissenschaft angewendet werden.
Da der Analyseprozess bei der Content Analysis immer objektiv vorgegangen wird, (obwohl sich über den Begriff "Objektivität" streiten lässt.) können bei der Forschung interessante Sachen heraus kommen. Zum Beispiel ist eine Text sehr wichtig geworden in einer Art, die die Kultur aus dem er stammt, nicht beabsichtigt hat. (Vgl. Krippendorff 1989, 404)
Zusammengefasst ist die Content Analysis dazu da, um Sachverhalte aufzuspüren, die so nicht sofort offensichtlich sind.

"Why would one want to infer media attention if attention were measurable directly, or why would one want to infer Kennedy's changing attitudes during the Cuban Misile Crisis from his communications if it were possible to interwiev him?" (Krippendorff 1989, 407)

Damit hat er das wichtigste genannt. Wenn wir Sachen in den Geistes-und Sozialwissenschaften genau messen oder standardisieren könnten (wie in der Naturwissenschaft zu großen Teilen), dann müssten wir nicht so lange analysieren, dass wir ganz viele Informationen zusammen werfen und aus den Gemeinsamkeiten, die alle miteinander zu haben scheinen ein Ergebnis herraus zu kristalisieren. Ebenso müssten Geschichtswissenschaftler sich nicht durch riesige Berge an Quellenmaterial arbeiten, wenn sie die historische Persönlichkeit, dessen Motive sie erforschen wollen, einfach fragen könnten. Leider ist dies realistisch gesehen nicht möglich, da die meisten historischen Persönlichkeiten schon tot sind.

Doch Moment, das geht doch in manchen Fällen noch. Gorbatschow zum Beispiel lebt noch. Theoretisch könnte man ihn noch zu seinen Motiviation was Glasnost und Perestroika betrifft Fragen.

Doch genau hier würde sich jetzt Umberto Eco einschalten und widersprechen. Gut, ich gebe zu, dass es gewagt ist, sich von einem geschichtswissenschaftlichen Beispiel aus wieder zurück zu Literaturwissenschaftlichen Theorien zu begeben. Aber letztlich beschäftigen sich Geschichtswissenschaftler zum aller größten Teil auch nur mit Literatur, oder?
Na ja, diese Frage lasse ich einmal offen stehen, sonst kommen wir zu sehr vom Thema ab.

In seinem Vortrag Zwischen Autor und Text, beschreibt Umberto Eco wie sehr das Textverständnis vom Leser abhängig ist. (Was auch eigentlich logisch sein sollte, immerhin habe ich ja schon in den vorherigen Posts schon intensiv damit beschäftigt, vor allem im Sartrepost. Wir erinnern uns: der Leser vervollständigt den Text erst und der Text ist erst ein Text, wenn er gelesen wird. Ganz grob gesagt.)  Zusammengefasst erklärt Eco zum einem, dass man als empirischer Leser den kulturellen und sprachlichen Hintergrund des empirischen Autors anerkennen muss um auch dessen Text interpretieren zu können. Wenn man den Autor allerdings nicht kennt, beginnt der Leser auf seinem eigenen kulturellen und sprachlichen Hintergrund zu interpretieren. (Vgl. Eco 1996, 280) Wobei er allerdings nicht über den Text an sich, sondern über den Autor und seine Motive diesen Text zu schreiben, zu spekulieren beginnt (Vgl. Eco 1996, 281). Doch genau in diesem Moment macht der Text sich selbstständig. Jeder weiß, dass ein Text aus Wörtern besteht und diese Wörter sind festgelegt. Das Problem ist allerdings, dass jeder jedes Wort immer ein bisschen anders versteht als der andere. (Wenn ich jetzt den Begriff "Haus" in den Raum werfen würde, würde jeder meiner Zuhörer ein anderes Haus vor seinem innerem Auge haben, als ich und die anderen im Raum.)
Der Autor kann Motive und Verweise in seinem Text einbauen, doch nicht jeder Leser würde sie erkennen und somit den Text anders auffassen, als ein Leser, der diese erkennt. Der Autor kann seine Intention also andeuten, aber nicht konkret in seinem Text nennen, denn jeder Leser ist unterschiedlich und so kann es unendliche verschiedene Versionen des Textverständnis und der daraus geschlussfolgerten Intention des Autors kommen.
Umberto Eco erfuhr in seiner Rolle als Autor selbst, dass Leser in seinen Texten Motive und Intentionen fanden, die er selbst gar nicht beabsichtigt hatte. So würde er also der Content Analysis widersprechen, denn man kann nie genau bestimmen, was ein Autor intendiert. Es wird immer ein schwammiges Konstrukt bleiben. Ebenfalls, kann man nie objektiv analysieren, weil man sich nur auf seinen persönlichen Horizont und seine persönlichen Erfahrungswerte beziehen kann.

Meiner Meinung nach ist die Content Analysis eher mehr ein Modell für die Sozialwissenschaften, als für die Literaturwissenschaften, weil sie sich eher auf Volksguppen und auch politische Sachen konzentriert und demnach abweicht von den Literaturwissenschaftlichen Modellen, die ich bislang kennen gelernt habe. Allerdings möchte ich damit nicht sagen, dass Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaft nicht mit einander verwandt sind und sage auch, dass die Content Analysis auch Literaturwissenschaftliche Züge hat.

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Quellen:

Krippendorff, Klaus (1989): "Content Analysis". In: E. Barnouw et al. (Hrsg): International Encyclopedial of Communication. New York, S. 403-407

Eco, Umberto (2007 [1996]): "Zwischen Autor und Text". Jannidis, Fotis; Lauer, Gerhard; Martinez, Matias und Winko, Simone (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, S. 279-294